Österreich misstraut England, holt 140 Tonnen Gold zurück

Es hat kaum mehr jemanden überrascht zu erfahren, dass nach Deutschland und den Niederlanden nun noch ein weiteres Land der Europäischen Union ganz offiziell sein Gold aus dem Ausland zurückholt. Österreich wird in den kommenden Jahren 140 Tonnen seines Goldes von der britischen Zentralbank nach Hause holen beziehungsweise in die Schweiz bringen.

Ist das Gold bei der Bank of England nicht mehr sicher?
Ist das Gold bei der Bank of England nicht mehr sicher? (Foto: www.bankofengland.co.uk)

Am Donnerstagmorgen bestätigte die Österreichische Nationalbank (OeNB) Zeitungsberichte, wonach sie eine massive Rückführung von Gold plant. Die Österreichische Nationalbank verfügt immerhin über 280 Tonnen Gold mit einem Marktwert von rund 300 Millionen Euro.

Bis zum Jahr 2020 wird die OeNB 50 Prozent ihres Goldes (140 Tonnen) in Österreich lagern. Aktuell hält sie nur 17 Prozent ihres Goldes daheim. Dazu wird die Österreichische Nationalbank 92,4 Tonnen Gold von der Bank of England (BoE) abziehen, die derzeit 80 Prozent des österreichischen Goldes lagert.

Die österreichischen Goldbestände bei der BoE sollen sogar um 140 Tonnen auf nur noch 30 Prozent reduziert werden. Denn künftig wollen die Österreicher 20 Prozent ihres Goldes in der Schweiz lagern, wo es ihrer Ansicht nach offenbar sicherer verwahrt ist.

Aktuell lagern nur 3 Prozent des österreichischen Goldes in der Schweiz. Doch die dortigen Bestände sollen bis 2020 um 47,6 Tonnen aufgestockt werden. Diese werden von der Bank of England abgezogen.

Das neue Goldlagerstellenkonzept der OeNB zeigt sehr deutlich das mangelnde Vertrauen der Österreicher in die britische Zentralbank. Sie ziehen offenbar das neutrale Nachbarland Schweiz vor. Aber warum?

Die OeNB selbst sagt, die Entscheidung gegen die Bank of England sei gefallen, nachdem der österreichische Rechnungshof vor dem Risiko gewarnt habe, die Mehrheit der Goldreserven in Großbritannien zu lagern. Der Rechnungshof empfahl daher eine Diversifizierung.

Einst hatte die OeNB die Lagerung von 80 Prozent ihres Goldes in Großbritannien damit begründet, dass London ein entscheidendes internationales Zentrum des Goldhandels ist. Das ist auch heute noch der Fall.

Dennoch hat die OeNB nun überraschend ihr Lagerstellenkonzept radikal geändert. In ihrer Pressemitteilung heißt es:

Die von der OeNB gehaltenen Goldreserven betragen 280 Tonnen (Stand Mai 2015). Dieser Bestand ist seit 2007 unverändert. Die Goldreserven stehen im Eigentum der OeNB und werden mit größter Sorgfalt gehalten und verwaltet. Gemäß dem aktuellen Lagerstellenkonzept hält die OeNB derzeit 17 % ihrer Goldbestände in Österreich, 80 % im Vereinigten Königreich und 3 % in der Schweiz.

Gemäß der tourlichen Evaluierung der OeNB-Goldstrategie und des Lagerstellenkonzepts und unter Berücksichtigung der Empfehlungen des österreichischen Rechnungshofes hat das OeNB-Direktorium kürzlich die Goldstrategie und das Lagerstellenkonzept 2020 beschlossen. Dieses Konzept sieht vor:

  • Bis zum Jahr 2020 sollen 50 % des Goldbestandes in Österreich (OeNB und Münze Österreich AG), 30 % in London und 20 % in der Schweiz gelagert werden.
  • Die Anpassung an die Zielstruktur erfolgt schrittweise ab Jahresmitte 2015 basierend auf den sicherheits- und transporttechnischen Voraussetzungen.
  • Im Jahr 2019 erfolgen neuerlich eine umfassende Evaluierung und gegebenenfalls eine Adaptierung des Lagerstellenkonzeptes.
  • Über die erreichten Fortschritte wird im jeweiligen Geschäftsbericht berichtet.

Man kann den Österreichern nur viel Glück wünschen bei der Rückführung ihres Goldes. Sie sollten das aus England gelieferte Gold auf jeden Fall gründlich prüfen.